Gehen Sie heute mit mir achtundsiebzig Jahre in der Zeit zurück und stellen Sie sich vor, wie eine Familie an einem Sonntagmittag bei Rehbraten oder Erbseneintopf die Fragen diskutiert, wo denn der anstehende Sonntagsspaziergang entlangführen sollte. Vater möchte gerne zum Hugenottenturm und nach Herstelle, doch schließlich können ihn die Mutter und ihre drei Töchter beim Griesbrei mit Himbeeren zu einer weniger anstrengenden Tour überreden: In den Reinhardswald soll es gehen, hinauf zu ‚Rütli‘ und ‚Wanderslust‘. Das größte Problem der Mutter würde auf dieser Route vermutlich darin bestehen, den Vater davon abzuhalten, in der Bahnhofsgaststätte ein Bier zu trinken – denn dann müssten die vier Frauen wohl ihren Weg alleine fortsetzen.
„Magda, hol doch bitte mal die ‚Geschichte der Landschaft und der Stadt Karlshafen mit Führer durch die Umgebung und Dampferfahrplan‘ aus meiner Schreibtischschublade und schau dir an, wo wir lang laufen müssen.“ Stolz würde die Zwölfjährige sich auch alles genau einprägen – schließlich hatte sie heute die Verantwortung.
Kommen Sie mit auf eine Reise durch Raum und Zeit – auf einer Strecke, von deren Schönheit ich mich erst kürzlich wieder überzeugen konnte und die einen wirklich vergessen lässt, in welchem Jahr man eigentlich lebt.
Wanderweg Nr. 4. Unterm Königsberg – Rütli – Höhenweg – Hermann-Löns-Platz – Karlshafen (Wanderzeit 1 ½ Stunden)
„Am Bahnhof linkes Ufer vorbei,
die Treppe hinauf und rechts weiter,
die Bahngeleise überqueren, am Bahnkörper entlang,
wieder die Geleise überqueren,
zwischen den Gärten hindurch.
Am Wald nach ca. 30 Metern über den schmalen Zickzackweg links hinauf zum Fahrweg.
Rechts weiter,
dann gezeichneten Fußweg links hoch
über das Rütli
zum oberen Fahrweg,
links gehen.
Es folgen jetzt kurz hintereinander die Aussichtspunkte: ‚Hermann-Löns-Platz‘, ‚Hessenkanzel‘ und ‚Wandererslust‘ (*). Von diesen drei Punkten hat der Wanderer einen der reizvollsten Anblicke der Umgebung Karlshafens. Im Vordergrund schlängelt sich das von Weidenbüschen umsäumte Diemelflüßchen bis zur Weser, im Süden liegt das alte Städtchen Helmarshausen und direkt gegenüber die trotzige Ruine Krukenburg.
An der ‚Schutzhütte‘
den breiten gezeichneten Weg links ab
am Eisenbahnerheim vorbei
nach Karlshafen.“
(*) Anmerkung zu Wandererslust
Bisher ist es mir noch nicht gelungen, diesen ehemaligen Aussichtspunkt zu finden. Ich werde es aber baldmöglichst nachholen und mich auf die Expedition durch das hohe Gras begeben. Wer selbst suchen möchte: ‚Wandererslust‘ befindet sich in der vorgeschlagenen Laufrichtung auf dem ‚oberen Fahrweg‘, ca. 200 Meter vor der ehemaligen ‚Schutzhütte Brandenberg‘.
Quelle und zum Weiterlesen
Artur Meinhard jun. (Hrsg): Geschichte der Landschaft und der Stadt Karlshafen mit Führer durch die Umgebung und Dampferfahrplan, 24 Seiten, 2. Auflage, 1938.