1878 – Die Eisenbahn kommt nach Karlshafen (2): Ottbergen – Northeim („Sollingbahn“)

2018 ist das Erinnerungsjahr an den Beginn der Eisenbahn in beiden Ortsteilen: 1848 (vor 170 Jahren) nahm die Friedrich-Wilhelm-Nordbahn / Carlsbahn zwischen Carlshafen und Grebenstein auf der linken Weserseite ihren Betrieb auf. 1878 (vor 140 Jahren) folgte die Bahnstrecke zwischen Ottbergen und Northeim auf der rechten Weserseite. Heute ist die „Sollingbahn“ die alleinige Eisenbahnverbindung des Ortes. Immerhin kann man mit ihrer Hilfe aktuell in dreieinhalb Stunden nach Berlin, in sieben Stunden nach Paris, in acht Stunden nach Wien, in zehn Stunden nach London sowie in vierzehn Stunden nach Rom gelangen.

Die feierliche Eröffnung der Strecke Ottbergen – Northeim erfolgte am 15. Januar 1878. Ziel war es, Westfalen an die sächsischen und schlesischen Industriegebiete anzuschließen. Der Versuch, die Bahnlinien links und rechts der Weser miteinander zu verbinden, wurde übrigens auch in Erwägung gezogen.

Früher war es möglich, von Mönchengladbach nach Göttingen zu reisen – mit Halt in Karlshafen. Wollen wir also hoffen, dass uns die bestehende Verbindung zwischen Paderborn und Göttingen noch lange erhalten bleibt. 


Kurzer geschichtlicher Abriss

In der Zeit zunehmender Industrialisierung war es notwendig, Westfalen an die sächsischen und schlesischen Industriegebiete anzuschließen. Der Zugang zur Nordsee per Schiff wurde durch die niederländische Zollpolitik erschwert, so dass die Weser als Schifffahrtsweg an Bedeutung gewann. Dazu brauchte der preußische Staat eine Bahnverbindung, die vor allem auf den Güterverkehr ausgerichtet war. Bevor die Strecke Ottbergen – Northeim jedoch am 15. Januar 1878 eröffnet werden konnte, waren langwierige Verhandlungen mit dem Herzogtum Braunschweig-Lüneburg notwendig, da ein kurzes Stück der Trasse bei Meinbrexen über dessen Territorium ging. Neben diesen Schwierigkeiten gab es jedoch einen günstigen Aspekt: Durch den gewonnenen Krieg gegen Frankreich 1870/71 mussten diese Reparationen zahlen, die einen wirtschaftlichen Aufschwung und der Verbesserung der Infrastruktur zur Gute kamen. Zu ihrer Eröffnung war die Strecke noch eingleisig, 1866 wurde sie zweigleisig ausgebaut. Anfang der 1990er wurde die Strecke wieder auf ein Gleis rückgebaut.

Wie wichtig die Strecke für den Güterverkehr war, zeigt eine Zahl aus dem Jahr 1930: Da lag das Volumen der transpotierten Güter bei durchschnittlich 10.000 Tonnen täglich (!).


Der Bahnhof

Im Gegensatz zum prächtigen Bahnhof Karlshafen l. U. war das Bahnhofsgebäude am rechten Weserufer schon immer ein reiner Zweckbau, sowohl architektonisch als auch in seinen Dimensionen. Man kam in einen kleinen Vorraum, bevor man nach rechts durch eine Schwingtür in die Halle kam. Ging man in dieser Richtung weiter durch die Halle, kam man auf die beiden Bahnsteige. An Bahnsteig 1 fuhren die Züge Richtung Bodenfelde, auf Gleis 2 die Züge in Richtung Würgassen. Zum Rangieren gab es damals sogar noch ein drittes Gleis. War man durch die Schwingtür in das Innere des Bahnhofs gelangt, waren linkerhand ein öffentlicher Telefonapparat, der Fahrkartenschalter für die kleinen Pappfahrkarten und die Gepäckaufgabe. Fuhr man damals noch die Ferne, konnte man einen Tag früher sein Gepäck aufgeben, das einen dann am Zielort erwartete beziehungsweise dass man nach seinem Urlaub oder seine Kur dort wieder abholen konnte. Ging man direkt am Eingang nach rechts, so kam man in einen langen Gang, in dem sich die Toiletten befanden. Ging man den langen Gang bis zu seinem Ende, so konnte man in der Bahnhofsgaststätte bei einer Cola oder einem Bier zur Bockwurst die Wartezeit verkürzen.

Heute ist das Bahnhofsgebäude ein Wohnhaus mit mehreren Mietparteien, das auch erst vor kurzem zum Verkauf stand.


Die mögliche Verbindung der beiden Bahnhöfe

Es wurde auch ernsthaft darüber nachgedacht, die beiden Bahnlinien – die Carlsbahn sowie die Strecke Ottbergen – Northeim miteinander zu verbinden. Dazu gab es zwei Alternativen: Die erste sah einen Tunnel am Königsberg vor, der bei der ehemaligen Ziegelei auf die Weser stoßen sollte, um diese dort zu überqueren und das Gleis zu erreichen. Die zweite Variante sah eine Fortführung der Strecke links der Weser durch Carlstraße und Gerbergasse vor, wo eine Brücke über die Weser führen sollte.


Quellen und zum Weiterlesen

Bohn, Robert (2000): 1699-1999 Karlshafen – Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Hessischen Planstadt aus der Barockzeit, Reihe ‚Beiträge zur Geschichte der Stadt Karlshafen und des Weser-Diemel-Gebiets‘, Band 11, Verlag des Antiquariats Bernhard Schäfer, Bad Karlshafen.

Wikipediaeintrag Sollingbahn, aufgerufen am 23. Februar 2018.

Josef Högemann: Eisenbahn Altenbeken – Nordhausen. Verlag Kenning, Nordhorn, 1994, ISBN 3-927587-35-4.

Werner Borchert: Die Verbindungsbahn bei Amelunxen. Vor 50 Jahren in Betrieb genommen. In: die warte. Heimatzeitschrift für die Kreise Paderborn und Höxter. Nr. 90, 1996, ISSN 0939-8686, S. 7–9.

Ulrich Rockelmann (Hrsg.): Das große Archiv der Eisenbahnstrecken in Deutschland. Strecke 356 (2975) Ottbergen – Northeim. Loseblattsammlung. GeraNova Verlag, München, 2008, ISSN 1614-9181

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