Jochen Desel (Hrsg.): Die Geschichte der Kirchen in der Hugenottenstadt Karlshafen

Buch DeselWer kennt es nicht von früher: Es war der Sonntagmorgen und man bereitete sich mehr oder weniger freudig auf den Kirchgang vor. Ob nun gläubiger Kirchgänger nach Sankt Michael, launiger Konfirmand von Sankt Stephanus oder Mitglied der neuapostolischen Gemeinde auf dem Weg ins Invalidenhaus – der Sonntagmorgen gehörte früher fest der jeweiligen Kirchengemeinde.

Jochen Desel beschreibt als Herausgeber in seinem Büchlein „Die Geschichte der Kirchen in der Hugenottenstadt Karlshafen“ einen spannenden Teil der Ortsgeschichte, der so den Wenigsten bekannt sein dürfte. Oder wussten Sie, dass die Gläubigen früher mittels eines Glockenturms am Triftweg zur heiligen Messe gerufen wurden? Herr Desel wird Ihnen in seinem Buch auch verraten, dass zwei der drei Glocken im Ersten Weltkrieg eingeschmolzen worden, um aus ihnen Waffen herzustellen. Erfahren Sie in dieser Buchbesprechung mehr über einen bislang wenig bekannten Teil der Stadtgeschichte. Und das Kirchengeschichte nicht unbedingt langweilig sein muss, zeigt dieses Buch allen Interessenten sehr eindrucksvoll.

Die erste Kirche der Stadt war die Invalidenhauskapelle, die bis zu 200 Gläubigen Platz bot und immer noch bietet. Die ersten Kirchengemeinden waren die französisch-reformierte und die deutsch-reformierte Kirchengemeinde, 1713 kam eine deutsch-lutherische Gemeinde hinzu. Alle Versuche, eigene Gotteshäuser zu errichten, scheiterten vor allem an einem, dem Geld. Im 19. Jahrhundert gab es weitere Kirchenbauversuche, 1825 kam es zum Zusammenschluss der französisch-reformierten und der deutsch-reformierten Kirchengemeinde. Nach der grundlegenden Renovierung der Invalidenhauskapelle war es nicht mehr realistisch, auf absehbare Zeit ein eigenes Gotteshaus errichten zu können. Doch wurde wenigstens ein anderes Problem baulich gelöst, die Errichtung eines ordentlichen Glockenturms. Dieser stand von 1893 bis zu seinem Abriss wegen Baufälligkeit im Jahr 1962 am Triftweg. Im selben Jahr wurde endlich eine eigenständige evangelische Kirche am Rand des Hafenbeckens errichtet – an der Stelle, an der früher die alte Oberförsterei gestanden hat.

Neugierig geworden? Denkt man zunächst, Kirchengeschichte sei langweilig, wird man durch die Lektüre dieses Buches schnell eines besseren belehrt. Schon vom Gründungstag an war ‚Syburg‘ eine Stadt, deren Geschichte tief im Glauben wurzelte. Die Hugenotten war Glaubensflüchtlinge, also aktive Christen, die wesentlich zum Aufbau und Gedeihen der Stadt beitrugen.

Nach einem Geleitwort des 2012 tätigen Pfarrers Wolfram Köhler und einer Einführung zu ‚Religion und Tradition‘ durch Jochen Desel beschreibt dieser in der Folge ‚Karlshafen und seine Kirchen‘. Es folgen eine chronologische Geschichte des Invalidenhauses und die Chronologie der Pfarrer der evangelischen Gemeinden. Ein eigenes Kapitel ist der Stephanuskirche gewidmet – von ihrer Planung bis zu ihrer Einweihung durch Pfarrer Karl-Heinz Illigmann.
Liegt der Schwerpunkt des Buches auch auf der Geschichte der evangelischen Kirchengemeinde, so kommen die Ausführungen über andere Glaubensrichtungen dennoch nicht zu kurz. Wilfried Andrich berichtet über die neuapostolischen Christen in Bad Karlshafen, bevor Dr. Herbert Hepp abschließend die Geschichte der katholischen Kirchen in Bad Karlshafen vorstellt.

Ein ausführliches Literaturverzeichnis für weitere Nachforschungen rundet das Werk ab.

Herausgegeben wurde ‚Die Geschichte der Kirchen in der Hugenottenstadt Karlshafen‘ von Jochen Desel mit Unterstützung der Evangelischen Kirchengemeinde Bad Karlshafen. Das Buch wurde gefördert vom Evangelischen Kirchenkreis Hofgeismar und der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck.

Jochen Desel (Hrsg.): Die Geschichte der Kirchen in der Hugenottenstadt Karlshafen, Reihe „Beiträge zur Geschichte der Stadt Karlshafen und des Weser-Diemel-Gebiets, Band 18 (a), 54 Seiten, Verlag des Antiquariats Bernhard Schäfer, Bad Karlshafen, 2012, 10,00 Euro (?), ISBN: 978-3-934800-16-8.

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