Zeitreise: Ein Sommernachmittag im Freibad Karlshafen

Erinnert ihr euch nicht auch noch gerne daran zurück? Die Sommerferien hatten begonnen, endlich würde es ein heißer Tag werden und man hatte nichts anderes vor, als spätestens nach dem Mittagessen ins Mineralfreibad aufzubrechen, um den Rest des Tages dort zu verbringen? Man kam dann auf die Weserbrücke und stellte zu seiner Enttäuschung fest: Der Drei-Meter-Turm war bereits gesperrt, es musste also schon zu dieser frühen Stunde bereits brechend voll sein. Aber egal, es würde trotzdem ein toller Nachmittag werden …

Heute möchte ich euch mitnehmen, eine meiner schönsten Erinnerungen aus Kinder- und Jugendtagen mit mir zu teilen: Die Zeit im Freibad. Ich hatte den Text bereits mehrfach hier und bei Facebook veröffentlicht. Doch steht für mich bereits seit Monaten fest, ihn auch in diesem Sommer noch einmal zu publizieren.

Nicht nur in den sechs Wochen langen Sommerferien, auch an jedem sonnigen Tag zwischen Mitte Mai und Mitte September war man in der Regel dort: Im alten Karlshafener Freibad. Schon früh fing es an, ich (Jahrgang 1967) kann mich bereits an Besuche in der ersten Hälfte der 70er Jahre erinnern. Damals war alles noch sehr groß und auch das Wasser im ‚kleinen Becken‘ noch sehr tief.

Aber mit den Jahren wurde es besser, ab dem elften Lebensjahr war man eigentlich an allen sommerlichen Tagen im Freibad. Natürlich hatte man eine Jahreskarte für meiner Erinnerung nach 30 Mark. Und obwohl diese auch für das damals noch existente Hallenbad in Helmarshausen galt, hatte man den für einen Jugendlichen damals hohen Preis fast immer schon in der Freibadsaison ‚herausge­schwommen‘.

Meist ging es nach dem Mittagessen. Umziehen brauchte man sich nicht, hatte man die Badehose bereits unter die kurze Hose gezogen. Im Schwimmbad angekommen, suchte man sich zunächst einen Platz auf der großen Liegewiese. Meist fand man schnell seine Freunde, so dass man sich eigentlich immer auf den gleichen Teil der Liegewiese legte. Wir waren meist recht nah am Ufer der Weser, an der damaligen Grenze zum Campingplatz.

Das in Schwimmbädern übliche Gebot, sich vor dem Schwimmen abzuduschen, überging man des Öfteren geflissentlich. Es war ja ‚viel cooler‘, gleich nach der Ankunft und vor allem trocken auf den (geöffneten) Drei-Meter-Turm zu steigen. Es wäre vielleicht übertrieben zu sagen, dort verbrachte ich mehr Zeit als im Wasser. Doch war der Anteil dort oben sicherlich nicht unerheblich.

Doch kamen natürlich an einem heißen Sommertag auch viele andere auf den gleichen Gedanken. Man stand also dort oben und beobachtete die Leute, vor allem die Mädchen. Und man hatte immer auch einen Blick auf den Bademeister. In Karlshafener Freibad war das zumeist der gute Herr Hermann, vertretungsweise auch Herr Hüther. Hermann hatte natürlich etwas dagegen, dass sich so viele Leute auf dem Sprungturm sammelten. Entweder persönlich und vor Ort oder per Durchsage aus seinem ‚Wachtturm‘ hieß er uns, doch endlich vom Dreier herunter zu springen. Half dies nicht, so drohte er uns, den Sprungturm zu sperren. Nach kurzer Zeit war natürlich wieder alles beim alten. Also wurde ‚unser‘ Drei-Meter-Turm gesperrt.

Eine Herausforderung, gegen die natürlich etwas unternommen werden musste. Die Sperrung des Turms wurde immer durch ein ca. ein Meter zwanzig mal fünfzig Zentimeter großes Brett angezeigt, das die Leiter hinauf auf den Turm versperrte. Als junger Mensch konnte man an diesem ‚Ärgernis‘ vorbei ohne größere Probleme die Leiter hochklettern. Oft wurde das ‚Hindernis‘ auch einfach zur Seite gestellt oder auch schon mal über die Brüstung geworfen, wo es dann unten auf der Wiese landete. Jedem war klar, dass man sofort aus dem Schwimmbad hinausgeschmissen wurde, wenn man bei einer solch frevelhaften Tat erwischt wurde. Aber der Nervenkitzel und das Abenteuer ließen einen schon bald wieder die Gelegenheit ergreifen – Risiko hin oder her.

Waren die Sprunganlagen – neben dem Dreier waren da noch zwei Einmeter-Sprungbretter – komplett gesperrt, war auch meistens die Trennleine zwischen Sprung- und Schwimmbereich entfernt. Eine Trennung der beiden Bereiche war ja aufgrund der fehlenden Gefährdung durch die ‚Springer‘ entfallen. Diese Trennleine stand auch des Öfteren in Mittelpunkt des Geschehens. War sich gespannt, eignete sie sich hervorragend dazu, es sich auf ihr bequem zu machen. Saßen also genug Personen auf dieser Trennleine, gab es hierzu selbstverständlich auch gleich die entsprechende ‚Ansage per Durchsage‘. Eine andere Funktion dieser Trennlinie war es, den Springern vom Dreier als Hindernis zu dienen, welches es zu überwinden galt. Zogen befreundete Schwimmer die Leine nach vorne, konnte man sie mit ausreichend Anlauf fuß- oder kopfwärts überwinden. Dass das ebenfalls verboten war, braucht an dieser Stelle wohl kaum betont zu werden.

Sprang man vom Drei-Meter-Turm, geschah dies natürlich auch nicht immer regelkonform. Besonders diejenigen unter uns, die gerne Leute nass spritzten, waren mit der richtigen Spungtechnik – der uns allen bekannten ‚Arschbombe‘ – in der Lage, einen ziemlich weiten Bereich am Beckenrand abzudecken. War der nächste Springer von jeweiligen Einer zurückgehalten, ging es mit einem meist sehr schrägen Sprung darum, eine in der Nähe des Beckenrandes ahnungslos Person vom trockenen in den nassen Zustand zu überführen. Der Ärger war nachher zumeist groß, einmal habe ich mir sogar einmal eine Ohrfeige einer jungen Frau eingehandelt. Auch dieses Vergehen wurde im Fall der Fälle schon einmal mit einem ‚Rausschmiss‘ geahndet. Noch verbotener – wenn es also noch eine Steigerung eines Verstoßes gegen die Badeverordnung geben konnte – war das Springen vom Drei-Meter-Turm auf das Einmeterbrett. Dazu stellte man sich (zumeist an den linken Rand des Geländers und sorgte zunächst dafür, dass niemand auf dem Einmeterbrett stand. Von der linken Ecke des Sprungturms (nach rechts habe ich es komischerweise nie gemacht und auch nie bei anderen gesehen) sprang man gerade auf den vorderen Teil des Sprungbretts und von da aus zumeist mit einem Kopfsprung ins Wasser.

Das Freibad diente uns eigentlich nicht in seiner ursprünglichen Funktion als Schwimmbad, sondern eher als ‚Spaßbad‘. Doch nahm man sich ab und zu auch einmal die Zeit, und legte die damals üblichen Schwimmprüfungen ab. Neben Frei- und Fahrtenschwimmer gab es den ‚Jugendschwimmschein‘, bei dem mehrere verschiedene Übungen zu absolvieren waren. Ein Prüfungsteil – so erinnere ich mich noch, war die Kenntnis der Schwimm- und Baderegeln. Der theoretische Wissensstand war also durchaus vorhanden, es mangelte vielmehr am Willen der praktischen Anwendung. Für die ganz Hartgesottenen gab es noch die ‚Totenkopf-Abzeichen‘ mit einer Stunde (Schwarzer Totenkopf), anderthalb Stunden (Silberner Totenkopf) sowie zwei Stunden Dauerschwimmen (Goldener Totenkopf). Jeder, der einen der letzt genannten Schwimmprüfungen abgelegt hat, weiß, dass man danach kaum mehr in der Lage war, weder gerade zu stehen noch einige Meter geraden Schrittes zu gehen.

Insgesamt schienen alle Regeln (Sitzen auf der Trennlinie, schräges Springen von den Sprungbrettern, Springen vom Beckenrand etc.) damals sowieso dazu gemacht worden zu sein, um von uns missachtet zu werden. Machte man mal keinen Unfug, so lag man auf der großen Liegewiese und ließ sich in der Sonne braten. Hatte man noch Taschengeld, so setzte man es in dem oberhalb der Umkleidekabinen befindlichen Kiosk in Eis und Cola um. Ab und zu gab es auch mal Pommes, sie hatten dort immer diese geriffelte Variante. Dies war der Fall, wenn man bereits sei dem frühen Vormittag im Freibad weilte und bekam langsam Hunger bekam.

Ging man dann spätestens um sieben nach Hause, war man hungrig und hatte zumeist einen schönen Tag im Freibad verlebt. Und die Vorfreude auf den nächsten Tag wuchs mit jedem Meter des Heimwegs, trotz des unvermeidlichen Sonnenbrands.

Na, wie war das damals bei dir? Kommen die Erinnerungen zurück?

Unter https://treffpunkt-hafenmauer.de/die-guten-alten-zeiten/ gibt es noch fünf weitere Geschichten aus den guten alten Zeiten.

Zeitreise: 1719 – Karlshafener Konzession

1719: Der Roman „Robinson Crusoe“ von Daniel Defoe wird veröffentlicht, französische Einheiten erobern Pensacola in der Spanischen Kolonie Florida. In diesem Jahr, in dem Leopold Mozart, deutscher Komponist und Musiker und Vater von Wolfgang Amadeus Mozart geboren wurde, erhielt das noch junge Karlshafen weitreichende wirtschaftliche Privilegien. Neben der Steuerfreiheit kam dazu, dass alle Handelsleute aus der Umgebung gezwungen waren, ihre Waren auf den Karlshafener Wochenmarkt zu bringen.

 

Privilegien für die Bewohner der Stadt

Um handwerklich oder merkantil potente Siedler in die Stadt zu bekommen, hat Landgraf Carl immer wieder neue Privilegien an die noch junge Stadt vergeben:

    • 12. Mai 1700: Erste Freiheitskonzession („Freiheitsprivileg“)
    • 22. Juni 1704: Zweite Freiheitskonzession
    • 10. Oktober 1710: Stadtrechteverleihung
    • 10. März 1719: Erneute Freiheitskonzession

 

Die „Karlshafener Konzession“ von 1719

Die „Karlshafener Konzession“ hatte das Ziel, den bis dahin eher schleppenden Aufbau der Stadt voranzubringen und mit weitreichenden Privlegien und Eingriffen in den Geschäftsverkehr die wirtschaftliche Situation zu verbessern. Dazu gehörten:

    • Verlängerung der Steuerfreiheit der Manufakturen auf fünfundzwanzig Jahre.
    • Verlängerung der Steuerfreiheit für Handwerker auf acht Jahre.
    • Es wurde ein Wochenmarkt eingerichtet, der jeden Donnerstag stattfand und das Wirtschaftsleben der Stadt beförderte. Eine Art Handelsmonopol entstand dadurch, dass die „umliegenden landgräflichen Ämter“ – Hofgeismar, Liebenau, Trendelburg, Helmarshausen und Sababurg – gezwungen waren, ihre Waren auf diesen Markt zu bringen. Mehr noch: In- und ausländische Artikel durften nur dort gekauft werden.

 

Sonderrechte für französische Mitbürger

In dieser Zeit hatten die Franzosen auch besondere Privilegien in ihrem Geschäftsverkehr mit der Obrigkeit: Sie waren nicht den deutschen Behörden unterstellt, sondern ihre Rechtssachen wurden von einem französischen Kommissar geregelt. Dieser Kommissar war einer sogenannten französischen Kanzlei in Kassel rechenschaftspflichtig. Gerechtfertigt wurde diese besondere Behandlung durch den Umstand, dass die Franzosen noch nicht ausreichend der deutschen Sprache mächtig waren. Ab 1850 verloren sie dieses Privileg und wurden der Jurisdiktion des Ober-Amtes in Karlshafen unterstellt.

 

Quellen und zum Weiterlesen

Bohn, Robert (2000): 1699-1999 Karlshafen – Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Hessischen Planstadt aus der Barockzeit, Reihe ‚Beiträge zur Geschichte der Stadt Karlshafen und des Weser-Diemel-Gebiets‘, Band 11, Verlag des Antiquariats Bernhard Schäfer, Bad Karlshafen.

Meinhardt, Anke (unter Mitarbeit von Brich, Hermann): Geschichte der Stadt Bad Karlshafen und der Kulturstätten der näheren Umgebung, kein Jahr, Nordlanddruck GmbH, Lüneburg. 

Ungewöhnlich, aber wahr – und weltweit einmalig: Musikinstrumente aus Streichhölzern in Originalgröße – Teil 2: Das „Millionen-Orchester“

Günter Geiling (Bensheim)

Am 19. Oktober 1974 war es dann soweit – eine Weltpremiere nach 15 Jahren Bauzeit: Das „MILLIONEN ORCHESTRA“ (wegen der eine Million verbauten Streichhölzer) hatte seinen ersten Auftritt im barocken Landgrafensaal zu Karlshafen. Die Stuckarbeiten an der Decke ließen ohnehin eine festliche Atmosphäre aufkommen und der Saal war um 20:00 Uhr bis auf den letzten Platz ausverkauft (der Eintritt kostete damals 0,99 DM). Die erste Hälfte des Auftritts gestalteten Björn (Günter Geiling) und Raphael (Reinhard Gavel) mit diversen englischen, amerikanischen und deutschen Folksongs.

Nach der Pause trat dann das „Orchester“ auf. Die Mitwirkenden waren: Albert Benkert, Reinhard Gavel, mein Bruder Gerald Geiling, Dieter Eickenberg, Bernhard Brauner und ich. Nicht nur Einwohner aus Karlshafen und Kurgäste aus der Solestadt, sondern auch viele Auswärtige, selbst aus dem Nachbarkreis Höxter, waren gekommen, um die Uraufführung dieser Kuriosität zu erleben.

Zum ersten Mal hörte man den Klang der Instrumente, jeder war verblüfft und konnte es kaum glauben, dass aus diesen Instrumenten auch ein Ton herausgezaubert werden konnte. Kurz: Es war ein gelungenes Konzert mit begeisterten Zuhörern. Nur positive Kritiken waren aus den Medien zu vernehmen. Dieser Erfolg machte uns Mut – in der Folge wurden die Instrumente unter anderem in der Stadthalle Beverungen, in einer Kasseler Disco, beim Städtequiz „1:0 FÜR MEINE STADT“ (Karlshafen gegen Hirschhorn, Karlshafen gewann !) und in Neuhaus präsentiert und gespielt.

Nach diversen Auftritten im nächsten Umkreis von Karlshafen und zur Eröffnung des Interfolk Festivals in Osnabrück 1972 folgte eine Einladung des ZDF für Fernsehaufnahmen zu der Sendung „MENSCHENSKINDER“, die am 9. Juli 1975 im ZDF um 21:15 Uhr ausgestrahlt wurde. Der Film wurde zunächst im Rathaus gedreht – später aber verworfen und eine neue Fassung wurde direkt bei Mahlmanns im Restaurant und Hotel „Zum Weserdampfschiff“ an der Weser aufgezeichnet und auch gesendet. Weiterhin interessiert war auch das HR3 Fernsehen, Studio Kassel. Sie sendeten im November 1975 Aufnahmen aus dem Landgrafensaal. Hierbei demonstrierte Albert Benkert, wie er die Instrumente gebaut hatte. Vor dem Rathaus in Karlshafen traten die nunmehr fünf Musiker in der TV-Livesendung „DIE LEUTE VON KARLSHAFEN“ mit Werner Reinke auf.

Ein weiteres Highlight war der Auftritt in der Livesendung „KÖLNER TREFF“ mit Alfred Biolek und Georg Thoma, bei der auch Dunja Raiter, Richard Stücklen und auch Franz-Josef Strauß (er saß neben mir in der Maske) eingeladen waren.

Die absolute Krönung unserer „Millionen-Orchestra-Karriere“ war der Auftritt in der TV-Live-Sendung „NA SOWAS !“ mit Thomas Gottschalk als Moderator am Montag, dem 16. Mai 1983 um 19:30 im ZDF. Die Proben fanden schon am Freitag im Fernseh-Studio München statt und wir waren das ganze Wochenende im Holiday Inn untergebracht. In den Hotelzimmern probten wir mit dem ganzen Equipment, damit uns ja kein Fehler unterläuft. Im Restaurant des Holiday Inn trafen wir noch Hans-Joachim Kulenkampff, dem wir unser Fotoalbum präsentierten.

Mit in der Sendung waren unter anderem Trio, Marsha Haynes und Stephen Stills von Crosby, Stills, Nash and Young. Das war ein unbeschreibliches Erlebnis, bei den Großen mitzumischen und mit ihnen in der Kantine zusammenzusitzen und fachsimpeln zu dürfen – außerdem haben wir hinter die Kulissen einer Fernsehsendung schauen können. Wir waren die Einzigen, die live spielen mussten, und waren daher alle sehr aufgeregt. Bei den anderen lief alles über Playback. Albert Benkert war aus Gesundheitsgründen leider nicht dabei.

Mit dem Auftritt bei Thomas Gottschalk endete vorerst unser Abenteuer mit Film, Funk und Fernsehen. Der Grund lag nahe, da wir die Instrumente immer in Privat-PKWs transportiert haben. Bei aller Sorgfalt kann es immer mal passieren, dass ein Stück an den Instrumenten abbricht und dann im ungünstigsten Fall irreparabel sein könnte. Dieses wollten wir auf keinen Fall riskieren und aus diesem Grund hatten wir uns entschlossen, keine weiteren Auftritte mehr anzustreben.

Zur Zeit sind die wertvollen Teile bei Albert Benkerts Verwandtschaft in Deisel untergebracht, dick verhüllt und geschützt, bis sie mal wieder für eine Ausstellung, vielleicht wieder in einem Museum, hervorgeholt werden.

Es war eine super Zeit, wir haben viel vom Fernsehbusiness erfahren und einen spannenden Einblick hinter den Kulissen bekommen und dazu noch Prominenz kennengelernt.

Es bleibt zu hoffen, dass all die „Schmuckstücke“ erhalten bleiben, gepflegt werden, nicht kaputt gehen und immer wieder Begeisterung bei den Menschen hervorrufen. Für uns war es eine Ehre, nebenbei für unser Heimatstädtchen Bad Karlshafen geworben zu haben. Wir machten die Menschen durch unsere Medien-Auftritte auf Bad Karlshafen aufmerksam – wo man die Barockstadt mit ihrem Hafen in der Stadtmitte bewundern und sich die Streichholzinstrumente auch „in natura“ anschauen konnte.

Ihr Erbauer, Albert Benkert, ein musikalisches und handwerkliches Genie und Multitalent, wird wohl als eine herausragende Person, nicht nur in unserer „Weißen Stadt im Grünen“, für immer unvergessen bleiben. Albert war wie ein Freund und Kumpel zu uns und wir haben uns alle sehr gut ergänzt und gegenseitig geschätzt, privat wie auch auf der Bühne.

Er verstarb leider am 24. Juli 2005 im Alter von 83 Jahren. Wir werden ihn nie vergessen !

Für Albert Benkert und sein „Millionen-Orchester“,

einer der Mitbegründer,

Günter Geiling (Bensheim)

Weitere Informationen und Kontakt:

Homepage „Footprint“ des Autors


Link zu Teil 1

Ungewöhnlich, aber wahr – und weltweit einmalig: Musikinstrumente aus Streichhölzern in Originalgröße – Teil 1: Die Anfänge

Günter Geiling (Bensheim)

Ende der Fünfziger Jahre hatte der Karlshafener Kaufmann Albert Benkert (geboren am 24. September 1922) einen Kiosk an der Saline. Während seiner Zeit im Kiosk rauchte er gerne ab und zu mal eine Zigarette. Wie er so da saß und ein Streichholz in der Hand hielt, kam ihm der Gedanke, ob er nicht einmal ein kleines Musikinstrument aus diesen Hölzern bauen könnte. Er setzte seine Idee in die Tat um und baute er seine erste, kleine Geige von etwa zehn Zentimetern Länge.

Er konstruierte gleich noch eine weitere kleine Geige, bevor er auf die Idee kam, das gleiche Musikinstrument in Originalgröße herzustellen. Er machte sich ans Werk und es entstand ein wundervolles Instrument – typisch gemasert durch die abgebrannten Köpfe der Streichhölzer.

Nach diesen ersten Erfolgen bekam er immer mehr Lust, weitere Instrumente zu bauen. So beschaffte er sich Literatur aus dem Musikinstrumentenbauwesen, studierte eingehend die Formen, Statik, Zargen, Boden- und Deckenkrümmungen, Maße und Klangkörper.

Doch gab es ein Problem: Wo sollte er die Unmengen an Streichhölzern herbekommen? Ganz einfach: Er inserierte in Zeitungen und anderen Medien und es dauerte gar nicht lang bis säckeweise Streichhölzer aus allen Bundesländern sogar aus Italien bei ihm zu Hause in seiner kleinen, beschaulichen Wohnung eintrafen. Er hatte kaum noch Platz im Wohnzimmer und Keller und die Familie war auch nicht gerade begeistert. Dennoch hielt er an seinem Vorhaben fest.

Im Laufe der Zeit baute er eine weitere Geige, einen Kontrabass (450.000 Hölzer), ein Akkordeon mit 80 Bässen und 7 Register (80.000 Hölzer) – das absolute Schmuckstück seiner „Bauwerke“ –, eine Gitarre, eine Hawaiigitarre, eine Mandoline, ein Banjo, ja sogar eine Trompete ohne Ventile, eine Conga, Bongos und ein Schüttelrohr. Experten hielten es für unmöglich, eine Trompete aus Holz zu bauen, die auch noch wie eine Trompete klingen sollte. In die Schnecke des Basses integrierte er eine Zigarettenschachtel mit der Bauanleitung, „damit der, der das später mal liest, sich eine anstecken kann“. Insgesamt entstanden zwölf Instrumente – alle waren und sind bespielbar und erzeugen einen dem „Holz“ entsprechenden vollen, warmen Ton.

Anfangs, in den 60iger Jahren, stellte Benkert die Instrumente im heute nicht mehr existierenden „Hotel Deutsches Haus“, dem späteren „Weißen Hirsch“ in der Mündener Straße in Karlshafen aus. Ebenso wurden die Instrumente in der Touristensaison öfters im Rathaus Foyer vorgestellt. Dann aber geschah längere Zeit nichts, bis Reinhard Gavel aus Karlshafen sich mit dem Erbauer zusammensetzte und sie gemeinsam begannen, Lieder auf den Instrumenten zu spielen. Reinhard, der mir als 14-jähriger das Gitarre spielen beigebracht hatte (er zeigte mir neun Akkorde …), holte mich hinzu und meinte, dass wir mit den Streichholz-Instrumenten unbedingt an die Öffentlichkeit müssten. Gesagt, getan: Wir probten in Albert Benkerts Wohnzimmer – wieder zum Leidwesen der Familie – bis wir ein Musikrepertoire für circa eine Stunde zusammengestellt hatten.

Die erste kleine Geige von etwa zehn Zentimetern Länge fand einen würdigen neuen Besitzer: Im Jahr 1975 überreichte Benkert die kleine Geige im Rahmen einer Ausgabe des „Städtequiz“ Karlshafen gegen Hirschhorn im Bürgerhaus Helmarshausen an den HR-Rundfunkmoderator Werner Reinke als Geschenk.

Teil 2 des Beitrags mit dem Titel „Ungewöhnlich aber wahr und weltweit einmalig: Musikinstrumente aus Streichhölzern in Originalgröße – Teil 2: Das „Millionen-Orchester““ folgt in Kürze.

Autor:

Günter Geiling (Bensheim)

Weitere Informationen und Kontakt:
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