Am 16. November 2024 wurde im Landgraf-Carl-Haus die mehr als sechzig Bilder und Zeichnungen umfassende Ausstellung „Leben und Werk von Dr. Friedrich Seelig“ eröffnet. Es ist die vierte Ausstellung im neuen Kunsthaus der Stadt – nach der Ausstellung über Adolf Eiermann, einer Ausstellung mit Bildern von Ariane Zuber und der Herbert-Mager-Ausstellung.
Treffpunkt Hafenmauer sprach mit den Machern der Ausstellung im Landgraf-Carl-Haus, Ariane Zuber und Klaas Stiegemeier-Oehlen.
Treffpunkt Hafenmauer: Zunächst die Frage: Wer war Dr. Friedrich Seelig?
Ariane Zuber: Dr. Friedrich Seelig war Zahnarzt und hat zwischen 1933 und 1968 mit seiner Familie in Karlshafen gelebt. Geboren wurde er 1906 in Apelern im Kreis Rinteln. Sein künstlerisches Werk umfasst die Zeit seiner Kriegsgefangenschaft bis zum seinem Tod im Jahre 1989. Von 1940 bis 1945 war er als Stabsarzt und Oberstabsarzt in Sizilien stationiert. 1945 geriet er in Kriegsgefangenschaft, aus dieser Zeit stammen viele Porträts seiner Kameraden. Ein Kunststudium hat Seelig nicht absolviert, neben dem Besuch einiger Kurse und Lehrgänge gilt er als Autodidakt. 1933 hat er die Volksschullehrerin Amelie Schäfer, das Paar hatte sechs Kinder. Seelig starb 1989.
TH: Wie hat denn das Publikum die Bilder von Dr. Friedrich Seelig angenommen?
Klaas Stiegemeier-Oehlen: Total unterschiedlich, die meisten waren beeindruckt von der Vielseitigkeit seines Werkes, ebenso von der Vielfalt der angewendeten Techniken und seiner Experimentierfreude. Eine wichtige Inspiration für seine Malerei war die documenta in Kassel, die er gerne besucht hat. Insbesondere war diese Kunstschau der Moderne für ihn Inspiration: Denn immer, wenn er von einer documenta zurückkam, hat er wieder ganz was anderes gemacht. Zu dieser Zeit begann auch seine abstrakte Schaffensphase, wo er doch zuvor doch eher vom Spätimpressionismus und vom Expressionismus beeinflusst war.
TH: Es heißt, er habe selbst ein Kunstwerk für die documenta eingereicht?
AZ: Die Familie hat in unseren Gesprächen berichtet, dass Seelig auf einer Ausstellung während der documenta ausgestellt hat, die aber nicht offiziell zur documenta gehörte. Daneben hat er sich auch für die documenta beworben, dieses Bild ist Teil der aktuellen Ausstellung.
TH: Hat Dr. Friedrich Seelig auch theosophische Einflüsse in seine Bilder einfließen lassen?
KSO: Doch, das denke ich schon. Es gibt ja einige religiöse, also christlich-religiöse Arbeiten, auch hier in der Ausstellung.
TH: Kann man die beiden Ausstellungen – also die von Herbert Mager und die Seelig-Ausstellung – miteinander vergleichen – beziehungsweise, was sind die wesentlichsten Unterschiede?
AZ: Mager war beständiger, bei ihm gab es keine große Wandlungen in seinen Arbeiten. Bei Seelig war das anders, er hat alles ausprobiert und so ein viel experimentelleres Gesamtwerk geschaffen. Ein großer Unterschied zwischen den beiden Malern war natürlich, dass Herbert Mager von seinen Arbeiten leben musste und Herr Dr. Seelig immer seinen Brotberuf als Zahnarzt hatte.
KSO: Herbert Mager hat eigentlich immer das gleiche gemacht, so blöd sich das jetzt auch anhört. Er hat seine Landschaften gemalt und auch in seinen Skizzenbücher gab es keine Hinweise, dass er sich auch einmal an anderen Stilen probiert hätte. Was auch interessant ist: Man kann nicht sehen, ob seine Arbeiten aus den Zwanziger Jahren oder den Fünfziger Jahren sind – auch das war bei Friedrich Selig anders – dieser wollte immer weiterkommen und alles ausprobieren.
TH: Er war ja nicht nur ein experimenteller Künstler, sondern hatte auch noch andere Talente?
AZ: Genau. Dr. Seelig war ja nicht nur Künstler und Zahnarzt, er war Erfinder mit eigenen Patenten, er war Dichter und Musiker – die Familie hat oft zusammen gesungen, von ihm begleitet. Seelig war politisch aktiv, vor allem gegen die Errichtung des Kernkraftwerks in Würgassen. Dazu hat er Anträge eingebracht und politische Veranstaltungen besucht. War der Inhalt der politischen Veranstaltung mal nicht spannend genug, hat er oft angefangen die anderen Teilnehmer zu skizzieren – es gibt eine große Sammlung dieser Zeichnungen in unserem Archiv.
TH: Kann man Dr. Friedrich einer bestimmten Kunstrichtung zuordnen?
KSO: Bis in die fünfziger Jahre kann man sein Werk wirklich als klassisch oder sogar akademisch bezeichnen: Die Bilder sind im Stil des Spätimpressionismus und des Expressionismus. Diese Werke, hier vor allem die Porträts, können meiner Ansicht nach mit jedem akademischen Maler dieser Zeit mithalten. Später waren es dann moderne Arbeiten, abstrahierend und gar nicht mehr gegenständlich. Aber immer hat er noch Landschaften gemalt, auch in den Siebziger und Achtziger Jahren.
TH: Woher stammen die Bilder, die in der Ausstellung zu sehen sind?
AZ: Die Bilder stammen ausschließlich aus der Familie von Dr. Friedrich Seelig. Seine Tochter war in der Herbert-Mager-Ausstellung und wir kamen ins Gespräch. Wir wurden uns schnell einig und die Familie hatte auch nichts gegen die Würdigung des Werkes ihres Vaters in einer Ausstellung. Die meisten Bilder waren in Besitz seines Sohnes Klaus, viele auch bei seiner Tochter Dietlind und einige bei seinem Sohn Michael.
TH: Was sind die weiteren künstlerischen Planungen des Landgraf-Carl-Hauses?
KSO: Die aktuelle Ausstellung beschäftigt sich ja mit dem Gesamtwerk von Dr. Friedrich Seelig, als Übersichtsausstellung über sein gesamtes Künstlerleben. Die Überlegungen gehen zur Zeit dahin, eine Ausstellung mit seinen Porträts zu konzipieren. Es gibt wie gesagt viele Porträtzeichnungen, aber auch einige Porträtgemälde sowie Karikaturen, die es auszustellen lohnt. Interessant ist natürlich auch seine religiöse Seite sowie seine Auseinandersetzung mit heute immer noch modernen Themen wie Umweltschutz und vegetarische Ernährung.
Die Organisatoren der Ausstellung
Ariane Zuber und Klaas Stiegemeier-Oehlen sind dem besonderen Reiz Bad Karlshafens erlegen und haben sich aus diesem Grund hier niedergelassen. Ariane Zuber kommt aus Kassel und lebte einige Jahre in Berlin. Müde vom Großstadtleben suchte sie einen ruhigen und besonderen Ort in der Natur und kam durch den Rat von Freunden nach Bad Karlshafen. Klaas Stiegemeier-Oehlen kennt die Stadt bereits seit fünfzig Jahren und war in dieser Zeit immer wieder als Urlauber in der Stadt. Dann hat er beschlossen, aus dem Münsterland hierher zu ziehen und sich hier niederzulassen.
Informationen zur Ausstellung
Die Ausstellung „Leben und Werk von Dr. Friedrich Seelig“ läuft noch bis zum 31. Mai 2025 und kann jeweils Mittwoch bis Sonntag zwischen 14 und 18 Uhr besucht werden. Da es sich um eine Verkaufsausstellung handelt, lohnt sich ein zeitnaher Besuch, um vielleicht doch noch eines der sehenswerten Werke von Dr. Friedrich Seelig zu erwerben.