Die Straßen von Bad Karlshafen – Teil 2: Die Dichter und Denker

Der zweite Teil der Betrachtung der Ortsteile Bad Karlshafen und Helmarshausen anhand ihrer Straßennamen in der Reihe ‚Die Straßen von Bad Karlshafen‘ trägt den Titel ‚Dichter und Denker‘.

Insgesamt konnte ich bei meinen Recherchen zwölf Geistesgrößen ermitteln, die ich im folgenden gerne kurz beschreiben möchte. Natürlich sind es in der Hauptsache Schriftsteller, aber auch Philosophen und Theologen. Es befinden sich beispielsweise Dreiviertel der Dichter darunter, die man zum ‚Viergestirn der Weimarer Klassik‘ zählt. Dazu kommen ein Literaturnobelpreisträger sowie ein Heimatdichter, der aufgrund seiner Nähe zum Nationalsozialismus nicht unumstritten ist.

Eine vollständige Liste aller Straßennamen finden Sie hier.

Teil 2: Dichter und Denker

Nicht alle Namen lassen sich eindeutig zuordnen – falls es also irgendwelche sachdienlichen Hinweise geben, so würde ich mich sehr über eine Nachricht freuen.

Wandern wie vor fünfundachtzig Jahren

52 Wege in und um Bad Karlshafen und Helmarshausen (2): Vorbei an Rütli und Wandererslust (Der historische Wanderweg 4)

Gehen Sie heute mit mir mehr als achtzig Jahre in der Zeit zurück und stellen Sie sich vor, wie eine Familie an einem Sonntagmittag bei Rehbraten oder Erbseneintopf die Frage diskutiert, wo denn der anstehende Sonntagsspaziergang entlangführen soll. Vater möchte gerne zum Hugenottenturm und nach Herstelle, doch schließlich können ihn die Mutter und ihre drei Töchter beim Griesbrei mit Himbeeren zu einer weniger anstrengenden Tour überreden: In den Reinhardswald soll es gehen, hinauf zu „Rütli“ und „Wandererslust“ sowie den Spuren Hermann Löns. Das größte Problem der Mutter würde auf dieser Route vermutlich darin bestehen, den Vater davon abzuhalten, bereits in die Bahnhofsgaststätte einzukehren, um dort ein Bier zu trinken – denn dann müssten die vier Frauen ihren Weg wohl alleine fortsetzen …

„Hedwig, hol doch bitte mal die „Geschichte der Landschaft und der Stadt Karlshafen mit Führer durch die Umgebung und Dampferfahrplan“ aus meiner Schreibtischschublade und schau dir an, wo wir lang laufen müssen. Weg Nummer 4, wenn ich mich recht erinnere.“ Stolz würde die Elfjährige sich auch alles genau einprägen – schließlich hatte sie heute die Verantwortung.

Kommen Sie mit auf eine Reise durch Raum und Zeit – auf einer Strecke, von deren Schönheit ich mich erst kürzlich wieder überzeugen konnte und die mich das ein oder andere Mal vergessen ließ, in welchem Jahr man eigentlich lebt.


Wanderweg Nr. 4: Unterm Königsberg – Rütli – Höhenweg – Hermann-Löns-Platz – Karlshafen (Wanderzeit 1 ½ Stunden)

„Am Bahnhof linkes Ufer vorbei,

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die Treppe hinauf und rechts weiter,

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die Bahngeleise überqueren, am Bahnkörper entlang,

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wieder die Geleise überqueren,

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zwischen den Gärten hindurch.

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Am Wald nach ca. 30 Metern über den schmalen Zickzackweg links hinauf zum Fahrweg.

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Rechts weiter,

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dann gezeichneten Fußweg links hoch

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über das Rütli

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zum oberen Fahrweg,

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links gehen.

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Es folgen jetzt kurz hintereinander die Aussichtspunkte: „Hermann-Löns-Platz“, „Hessenkanzel“ und „Wandererslust“. Von diesen drei Punkten hat der Wanderer einen der reizvollsten Anblicke der Umgebung Karlshafens. Im Vordergrund schlängelt sich das von Weidenbüschen umsäumte Diemelflüßchen bis zur Weser, im Süden liegt das alte Städtchen Helmarshausen und direkt gegenüber die trotzige Ruine Krukenburg.

An der „Schutzhütte“ (heute nicht mehr da)

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den breiten gezeichneten Weg links ab

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am Eisenbahnerheim vorbei

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nach Karlshafen.“

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Wenn Sie zwischendurch innehalten, einmal die Augen schließen und dabei nur auf die Geräusche sowie die Gerüche des Waldes achten, fällt es doch gar nicht so schwer, sich vorzustellen, wie es so war, das Wandern vor achtzig Jahren.

Quelle und zum Weiterlesen

Ausschnitt Wanderweg Nr 4Artur Meinhard jun. (Hrsg): Geschichte der Landschaft und der Stadt Karlshafen mit Führer durch die Umgebung und Dampferfahrplan, 24 Seiten, 2. Auflage, 1938.

Die Freud und das Leid des Sängertempels

Mindestens 125 Jahre steht der Sängertempel nun tapfer auf den Hessischen Klippen hoch über Carlshaven, Karlshafen und Bad Karlshafen – lange unbeachtet und jedoch aktuell leider wieder im Fokus der Diskussion: Hatte sich zunächst ein Jugendlicher namens Luk erhebliches Lob dafür verdient, den Weg zum Sängertempel wieder wegbar zu machen und sogar eine gemütliche Bank als Sitzgelegenheit aufzustellen, gibt es aktuell beunruhigende Bilder über die Gefährdung der Standfestigkeit des Kleinods auf den Hessischen Klippen.

Errichtung

Das Gesangswesen hat in der Stadt eine lange Tradition, schon 1837 gründete Karl-Friedrich Zelter die „Liedertafel“, den ersten Gesangsverein der Stadt. Es heißt, dass „deren Mitglieder zumeist aus einem Club hervorgingen, der sich der Geselligkeit und kulturellen Aufgaben widmete“. 1841 fand das erste Sängerfest statt, die zu diesem Anlass gestiftete Fahne trägt die passende Inschrift „Es schwinden jedes Kummers Falten, solang des Liedes Zauber walten“.

So gut das Sangesleben der Stadt dokumentiert ist, so wenig weiß man über kleinen Sängertempel. Die Klippe, auf der er steht, wird seit unbestimmter Zeit als Sängerklippe bezeichnet. Alte Postkarten lassen vermuten, dass der Sängertempel 1898 errichtet wurde. Damals sah er auch ganz anders aus – verspielt und passend zum damals vorherrschenden Jugendstil.

Wie der erste Sängertempel aussah, kann man auf alten Postkarten sehen, die es im Internet zu kaufen gibt.

Zerstörung und Wiederaufbau

In den Fünfziger Jahren muss dann diese erste Bauform ihr natürliches Lebensende erreicht haben. In einem persönlichen Gespräch wurde mir darüber berichtet, dass der damalige Bau einfach zusammengebrochen ist und die Klippen heruntergestürzt ist. Aber auch hierüber ist die Quellenlage äußerst schlecht.

Man wollte das Bauwerk dennoch wiedererrichten und so kam es am 14. April 1957 zur feierlichen Neueröffnung (siehe Beitragsbild) eines neuen – und wesentlich schlichteren – Sängertempels. Vielleicht hat man diesen Anlass sogleich mit dem 120en Geburtstags der „Liedertafel“ verbunden? Die vorliegenden Chroniken zum 150en und 175en Jahrestag der Liedertafel geben darüber aber leider keine Auskunft. Diesen auf dem Beitragsbild abgebildeten Bau können wir heute noch besuchen.

Vorbildliche Pflege

In den letzten Monaten hat ein Jugendlicher aus Bad Karlshafen in vorbildlicher Weise die Initiative den lange versperrten Weg zum Sängertempel wieder hergestellt und zudem noch eine bequeme Sitzgelegenheit für die müden Wanderer geschaffen.

Dazu heißt es im Bad Karlshafen Forum:

„Seit über 5 Jahren (!) war der offizielle Weg zum Sängertempel durch Äste und umgestürzte Bäume versperrt. Besucher wählten daher notgedrungen einen gefährlichen Schleichweg über eine Klippe. Dies ist nun Vergangenheit dank des Karlshafener Jugendlichen Luk, der schon positiv durch den Aufbau der Bismarckhöhe und die Reinigung der Infotafeln an der Diemelmündung auffiel. Luk hat den Weg mit viel Einsatz wieder begehbar gemacht, das Geländer repariert und sogar einen rustikalen, stabilen Sitzplatz im Sängertempel gebaut.

Dafür viel Respekt, Dank und Anerkennung !“

Dem Dank schließt sich Treffpunkt Hafenmauer mit großer Bewunderung über die geleistete Arbeit an!

Aktuelle Gefährdung

Leider ist aktuell die Standfestigkeit des Kleinods gefährdet, so dass vermutlich Sicherungsmaßnahmen erforderlich sind, um das Abrutschen des Sängertempels zu verhindern. Zudem steht diese gefährdete Stützmauer auch noch auf einem unterhöhltem Felsen, so dass es vermutlich mit einer Reperatur der Stützmauer nicht getan ist.

Mit freundlicher Genehmigung des Bad Karlshafen Forums hier ein paar Bilder, die die Dringlichkeit zu Handeln, illustrieren.

Die verantwortlichen Stellen sind informiert und haben eine zeitnahe Prüfung der Gefährdungslage zugesagt.

Wir können alle hoffen, dass dem Sängertempel nicht das gleich Schicksal ereilt, wie dem Charlottenstein.

Quellen

Bohn, Robert (2000): 1699-1999 Karlshafen – Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Hessischen Planstadt aus der Barockzeit, Reihe ‚Beiträge zur Geschichte der Stadt Karlshafen und des Weser-Diemel-Gebiets‘, Band 11, Verlag des Antiquariats Bernhard Schäfer, Bad Karlshafen.

150 Jahre MGV Liedertafel

175 Jahre MGV Liedertafel

Bad Karlshafen Forum: http://www.badkarlshafen-forum.de/

Persönliche Informationen

 

 

Zeitreise: 1704 – Bau des Invalidenhauses

1704 gelingt König August II. (August der Starke) mit der Unterstützung von russischen Truppen die Einnahme von Warschau. Der sächsische Kurfürst lässt alle Häuser der Anhänger von Herrscher Stanislaus plündern und niederbrennen. Im gleichen Jahr wird Gibraltar wird von den Briten erobert. Und am 20. September wird Barbara Dietrich in Ingolstadt Opfer der Hexenverfolgung. Ein ereignisreiches Jahr.

Die Geschichte des „Hôtel des Invalides‟ begann im Jahr 1704. Der Bau dieses Gebäudes ging auf den Entschluss des Landgrafen Carl zurück „seinen im Feld der Ehre grau gewordenen und verwundeten Kriegern angemessene Pflege und hinlänglichen Unterhalt zu geben‟. In den Genuss dieser Einrichtung sollten sowohl Offiziere als auch Mannschaften kommen. Wie im Modell im Rathaus zu sehen ist, waren sogar zwei solcher Gebäude geplant – eine Planstadt wie Sieburg erforderte strenge Symmetrie. Das Vorhaben wurde jedoch aus Kostengründen aufgegeben.

Architektur

Das Invalidenhaus ist eine dreigeschossige Vierflügelanlage um einen rechteckigen Hof. Der Mittelteil des Hauptbaus mit dem Portal ist mit vier Pilastern gegliedert. Bekrönt wird er mit einem Tympanon mit dem Wappen der Landgrafschaft Hessen-Kassel. Aus dem Satteldach erhebt dort ein achtseitiger schiefergedeckter Dachreiter.

Bau und Nutzung

Am 15. März 1704 begann der Bau des Invalidenhauses, Baumeister war Friedrich Conradi. Die Errichtung erfolgte in vier Etappen: Zunächst wurde 1704 der Nordwestflügel auf der heutigen Kanalseite errichtet. 1705 folgte der Flügel mit der Kapelle auf der Straßenseite. 1706 wurde der Flügel auf der Diemel- und Kuhbergseite errichtet. Seinen Abschluss fand der Bau mit der Vollenendung des südöstlichen Flügels (Schulseite). Im Invalidenhaus befindet sich eine Kapelle, die 1708 durch den reformierten Garnisionsprediger Johann Bitter eingeweiht wurde. 1710 waren alle Arbeiten abgeschlossen und das „Hôtel des Invalides‟ konnte bezogen werden. Man geht von einer ersten Belegungsstärke von 80 Mann aus.

Während der französichen Besatzung hebt König Jerome 1806 die Funktion des Invalidenhauses auf – es erfolgen die ersten Vermietungen an Privatpersonen. Noch heute ist das Invalidenhaus ein Wohnhaus.

Die Kapelle des Invalidenhauses

Die Invalidenhauskapelle war dann auch die erste Kirche der Stadt. Sie bot bis zu 200 Gläubigen Platz, auch heute noch. Die ersten Kirchengemeinden waren die französisch-reformierte und die deutsch-reformierte Kirchengemeinde, 1713 kam eine deutsch-lutherische Gemeinde hinzu. Alle Versuche, eigene Gotteshäuser zu errichten, scheiterten vor allem an einem, dem Geld. Im 19. Jahrhundert gab es weitere Kirchenbauversuche, 1825 kam es zum Zusammenschluss der französisch-reformierten und der deutsch-reformierten Kirchengemeinde – in diesem Jahr fand auch der letzte Gottesdienst in französischer Sprache statt. 1929 schlossen sich schließlich die reformierte und die lutherische Gemeinde zur evangelischen Kirchengemeinde zusammen.

Endlich, im Jahr 1962 wurde eine eigenständige evangelische Kirche am Rand des Hafenbeckens errichtet – an der Stelle, an der früher die alte Oberförsterei gestanden hat.

Die Kapelle im Invalidenhaus wird heute von der neuapostolischen Gemeinde genutzt.

Anmerkung

Nach der Lektüre dieses Blogbeitrags ist Ihnen sicherlich der Fehler auf dem 75-Pfennig-Notgeld-Schein aus dem Jahr 1922 aufgefallen? Richtig, das dort genannte Jahr 1706 ist falsch. Aber in diesen schrecklichen Inflationszeiten hatte man andere Probleme als das richtige Baujahr eines Gebäudes auf einem Geldschein.

Quellen und zum Weiterlesen

Bohn, Robert (2000): 1699-1999 Karlshafen – Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Hessischen Planstadt aus der Barockzeit, Reihe ‚Beiträge zur Geschichte der Stadt Karlshafen und des Weser-Diemel-Gebiets‘, Band 11, Verlag des Antiquariats Bernhard Schäfer, Bad Karlshafen.

Kasseler Sparkasse (Hrsg., 1999) Landgraf Karl und die Gründung von Karlshafen 1699-1999, Verlag Weber & Weidemeyer, Kassel.

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Invalidenhaus_(Bad_Karlshafen)

Fotos:
Invalidenhaus: Von Jan Stubenitzky (Dehio) – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0
Geldschein: Scanned from original by Link

Die Straßen von Bad Karlshafen – Teil 1: Die Gründer und Größen der Vergangenheit

Der Titel dieses Blogbeitrags macht einen sicherlich neugierig – es klingt, als würden Lieutenant Mike Stone und Inspector Steve Keller eine wilde Verfolgungsjagd durch die Weserstraße veranstalten. Das ist es natürlich nicht, es sind schließlich nicht die „Straßen von San Francisco“ und wir sind nicht im Fernsehen.

Dennoch ist es interessant, die Geschichte Bad Karlshafens einmal anhand ihrer Straßennamen zu betrachten. Wie überall anders auch, verraten die Namen der Straßen viel über eine Stadt. Nimmt man den Stadtplan zur Hand, wie man es bereits unzählige Male getan hat, so kommt es einem nicht in den Sinn, die Bedeutung von ‚Triftweg‘ und ‚An der Schlagd‘ zu hinterfragen. Wer waren beispielsweise ‚Galland‘ und ‚Fritz Kuhlenkamp’? Insgesamt hat Bad Karlshafen 83 Straßen, davon 46 in Bad Karlshafen und 37 im Stadtteil Helmarshausen.

Eine vollständige Liste aller Straßennamen finden Sie hier.

In dieser mehrteiligen Serie von Blogbeiträgen sollen die Besonderheiten der Namensgebung der Verkehrswege einmal einer kritischen Betrachtung unterzogen werden.

Teil 1: Die Gründer und Größen der Vergangenheit

Nicht alle Namen lassen sich eindeutig zuordnen – falls es also irgendwelche sachdienlichen Hinweise geben, so würde ich mich sehr über eine Nachricht freuen.

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